
Die subjektive Belastung stimmt nicht mit der Arbeitsbelastung überein
Vermeintlich „objektiver“ Stress passt oftmals nicht zur persönlichen Stressbelastung. Ganz im Gegenteil. Während in vielen Bereichen Stressfaktoren weniger werden oder konstant bleiben, nimmt die subjektive Belastung dennoch zu. Beispielsweise nahm über die letzten zehn Jahre der Termin- und Leistungsdruck durchschnittlich eher ab. Dadurch belastet fühlen sich aber immer mehr Erwerbstätige. Gleiches gilt auch für die gefühlte Belastung durch viele parallele Aufgaben oder eine vorgegebene Mindestleistung, obwohl diese vom tatsächlichen Umfang scheinbar fast unverändert blieb.
Wie kann das sein?
Der Zusammenhang zwischen „objektiven“ Stressfaktoren und der subjektiven Belastung ist komplex. So bedeutet das Sprechen vor vielen Menschen für manche Menschen großen Stress, während es für andere nicht so ist. Externe Faktoren (Stressoren) können durch Ressourcen abgepuffert werden. Dazu kann ein Rhetoriktraining, der kollegiale Zusammenhalt, Anerkennung oder eine hervorragende technische Ausstattung zählen. Während die meisten Ressourcen über das letzte Jahrzehnt etwa gleich blieben, hat ein wichtiger Puffer abgenommen: der Handlungsspielraum. Erwerbstätige haben aktuell offenbar weniger Einfluss als früher auf die Planung und die Menge ihrer Arbeit. So fällt es zunehmend schwerer Arbeitsanforderungen mit der persönlichen Leistungskurve und Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Langfristig kann so die Gesundheit leiden – wie auch die Befragung bestätigt.
Was bedeutet das im Alltag?
Finden Sie Möglichkeiten für mehr Autonomie und Handlungsspielraum. Thematisieren Sie Handlungsfreiräume bei Kolleg*innen, Vorgesetzten, Personalverantwortlichen und auch in der Familie. Ist ein Diensttausch unter Kolleg*innen möglich? Wie können Terminfristen frühzeitiger oder mit mehr Puffer gesetzt werden? Wie kann Ihre Familie Ihnen privat mehr Raum für Regeneration geben, wenn es beruflich angespannte Phasen gibt?
Quelle:
- Lück, M., Hünefeld, L, Brenscheid, S., Bödefeld, M. & Hünefeld, A. (2018). Grundauswertung der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018. Vergleich zur Grundauswertung 2006 und 2012. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2019. DOI: 10.21934/baua:bericht20190618. Abrufbar unter: https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2417-2.html
Zum Hintergrund: Bereits 2018 veröffentlichte die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Daten einer Befragung von Erwerbstätigen. Diese wurden mit Daten aus Befragungen von 2006 und 2012 verglichen. Jede Befragung erfasst über 20.000 Erwerbstätige ab 15 Jahren. Die Fragen umfassen die Anforderungen, Bedingungen und Ressourcen am Arbeitsplatz, die Gesundheit und die Belastung.